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Föderalismus in Zeiten der Coronakrise

Was haben wir uns über die zum Teil von einem Tag zum anderen neuen Regelungen, Schutzverordnungen und sich überholenden Hilfspakete gewundert und sicher auch geärgert. Man konnte den ständigen Änderungen bei der Aktualisierung der Informationsflut kaum noch nachkommen.

Die Irritationen bei unseren Mitgliedsbetrieben waren und sind entsprechend hoch. Dazu kommt, dass es von Region zu Region und von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen gibt. Diese sind dann wiederum abhängig von den jeweiligen Entwicklungen der Fallzahlen, eine fast schon babylonische Verwirrung. Insbesondere, wenn man, wie unsere Mitgliedsbetriebe im Kreis Höxter die jeweils aktuellen Regelungen der beiden angrenzenden Bundesländer Hessen und Niedersachsen, und natürlichen die in NRW herrschenden Bestimmungen, kennen muss.

Insgesamt hat das politische System in Deutschland den Corona-Stresstest bisher gut überstanden. Vielleicht hat auch gerade die föderale Ordnung der Bundesrepublik dazu beigetragen, dass wir besser durch die Krise kommen als andere europäische Länder.

Sowohl die Fallzahlen der Pandemie als auch die Zahl der Todesfälle sind im europäischen Vergleich in Deutschland deutlich besser verlaufen. Ersten Einschätzungen nach werden auch die wirtschaftlichen Folgen der Krise in Deutschland weniger hart ausfallen als in anderen Ländern.

Was macht Deutschland also besser als die anderen?

Insgesamt lässt sich feststellen, dass das politische System der Bundesrepublik, der Föderalismus, sich bewährt hat. Mehr noch: Seine Vorzüge haben entscheidend dazu beigetragen, dass Deutschland die Krise bisher gut meistert. Unser föderalistisches System setzt auf Kooperation und Austausch zwischen Bund, Länder und Gemeinden. Die jeweils mit den besten Lösungsmöglichkeiten versehene politische Ebene wird dann mit der Problemlösung betraut. Anders als im zentralistischen Frankreich, einem dezentralisierten Italien oder dem Autonomienstaat Spanien.

Die Akzeptanz der regionalen Verantwortung und des Föderalismus leiden aber, wenn einzelne Länder bei Verboten oder Lockerungen zu weit vorpreschen und die Unterschiede zu den Nachbarn, ohne dass es dafür sachliche Gründe gibt, zu groß werden. Der Föderalismus mit seinem regionalen Bezug sorgt für ein besseres Verständnis von Maßnahmen, die sich an der regionalen Situation orientieren und die nicht als unverhältnismäßig empfunden werden.

In der zweiten Phase der Pandemie, der Lockerung des Lockdown, ist der deutsche Föderalismus von besonderer Bedeutung. Dabei kommt den Ländern und ihren Landkreisen die zentrale Verantwortung zu. Stecken sich in einem Kreis pro 100.000 Einwohner mehr als 50 Personen erneut an, kann der erneute Lockdown örtlich verhängt werden.

Durch die föderalen Strukturen kann Deutschland also sehr präzise auf die unterschiedliche Situation in den Regionen reagieren, ohne allzu große Risiken für das Gesundheitswesen. Das föderalistische System ist sogar noch zu mehr in der Lage. So können in weniger betroffenen Regionen die Schulen und die Geschäfte öffnen, während in anderen Regionen noch hohe Infektionsraten vorliegen. Dadurch wird das Gesundheitswesen insgesamt nicht überlastet. Es könnte sogar dazu führen, wenn bestimmte Länder oder Regionen mit ihren Lockerungsmaßnahmen zwei Wochen voraus sind – und sollten dadurch die Infektionszahlen doch wieder stark steigen – dann würde das die Krankenhauskapazität der angrenzenden Länder und Regionen nicht überfordern.

Damit lassen sich die Probleme des Alltags, dass unsere Betriebe im Kreis Höxter bei Tätigkeiten in Hessen oder Niedersachsen oder NRW für identische Sachverhalte eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen zu beachten haben, besser einordnen.

Ich meine, der Preis unseres Föderalismus ist für unsere Mitgliedsbetriebe zwar hoch, aber gerechtfertigt, wir sind im Kreis Höxter bisher noch relativ gut durch die Krise gekommen. Gäbe es das föderalistische System nicht, müsste man es jetzt erfinden!

Ihr
Gerald Studzinsky

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2023-04-13T14:19:18+02:0024.06.2020|Kategorien: Studzinsky bloggt|
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