Teil 1: Die Situation
Der Trend macht deutlich: Fast alle 434 Ausbildungsbetriebe in den 13 Innungen der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg haben dabei mit mehr oder weniger Nachwuchsproblemen zu kämpfen.
Während allerdings eine Ausbildung in der Fachinnung der Elektrotechnik für viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger noch als sehr attraktiv erscheint, stehen Ausbildungen im Bäcker-, oder Fleischerhandwerk, im Raumausstatter-Handwerk oder gar im Dachdeckergewerbe bei den Jugendlichen alles andere als hoch im Kurs.
Die mangelnde Nachfrage schlägt sich bereits in den Zahlen nieder: Von den 19 Mitgliedsbetrieben in der Bäckerinnung sind nur fünf Ausbildungsbetriebe, die zurzeit (noch) zwölf Auszubildende haben. Die Fleischer-Innung hat unter ihren 16 Mitgliedern nur noch sieben Ausbildungsbetriebe, bei denen genau sieben Jugendliche lernen. Und bei den 13 Mitglieder im Raumausstatter-Handwerk sind nur noch vier Lehrlinge zu finden.
Woran liegt es? „Viele junge Leute wollen keinen Handwerksberuf mehr erlernen, weil sie ein geringes Gehalt, viel Arbeit und fehlende Wertschätzung befürchten“, vermutet Klaus Niemeier von der Ausbildungsabteilung der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg.
Werben verstärkt für eine Ausbildung im heimischen Handwerk: Gerald Studzinsky, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg, und Klaus Niemeier vom KH-Team der Ausbildungsabteilung. Foto: Kreishandwerkerschaft HX-Warburg.
Schlechtes Image vieler Berufe
Dazu komme noch das schlechte Image einiger Berufsgruppen wie das „blutige Handwerk“ in der Metzgerei, das frühe Aufstehen der Bäckerinnen und Bäcker oder die anstrengende Arbeit bei Wind und Wetter hoch auf den Dächern im Dachdecker-Handwerk. Nach wie vor erscheint für viele Berufssuchende der Weg mit Abitur und Studium erst einmal als der sichere, um Karriere zu machen und gutes Geld zu verdienen.
„Und das stimmt nicht in jedem Fall“, hat Klaus Niemeier in seiner langjährigen Tätigkeit die Erfahrung gemacht. Denn nach Studien des Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) von 2014 und 2020 kommen im Bachelor-Studium fast 29 Prozent der Anfängerinnen und Anfänger nicht zum Ziel und verlassen schließlich die Hochschule. An den Universitäten des Landes sind es sogar bis zu 33 Prozent. „Studienabbrecher sind im Handwerk gern gesehen“, sagt Elisabeth Hartmann, in der Ausbildungsabteilung der Kreishandwerkerschaft zuständig für überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen.
Studienabbrecher geschätzt
Denn: „Die jungen Leute erweisen sich oftmals als qualifizierte Kräfte aus dem MINT-Bereich, die im Handwerk beste Karrierechancen haben.“ Grundsätzlich: Oft seien viele Bildungswege den Ausbildungssuchenden nicht bekannt, und selbst wer später einmal nach der Lehrzeit studieren möchte, habe facettenreiche Perspektiven, sich weiter zu qualifizieren.
Berufe mit Zukunft
Die Ausbildungs-Experten bei der Kreishandwerkerschaft stehen den Jugendlichen bei der Berufsorientierung mit Rat und Tat zur Seite und empfehlen, direkt Kontakt zu den Betrieben zu suchen, um beispielsweise bei einem Praktikum oder einem Ferienjob „hineinzuschnuppern“ und dabei zu schauen, ob in dem jeweiligen Gewerk eine berufliche Ausbildung in Frage kommt.
„Berufe im Handwerk sind auf jeden Fall Berufe mit Zukunft“, betont Elisabeth Hartmann und ergänzt: „Eine fundierte Ausbildung im Handwerk ist aufgrund der zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten keine Einbahnstraße.“