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Materialengpässe und Preissteigerungen im Bauhandwerk

Ich berichte heute über den runden Tisch zwischen Handwerk und Politik vom 07.05.2021, der sich mit dem Thema der Materialengpässe der Handwerks- und Baubetriebe bei der Beschaffung und der Preisentwicklung von Baumaterialien wie Holz, Bleche oder Dämmstoffe befasst hat. Die Preise steigen und die Wartezeiten werden länger.

In einer Gesprächsrunde zwischen dem heimischen Landtagsabgeordneten Matthias Goeken, den Vertretern des Bau- und Baunebengewerbes sowie der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg gab es einen lebhaften Austausch zur aktuellen Krise in der Materialbeschaffung und der aktuellen und dramatischen Preisentwicklung.

Die Lage auf dem Materialmarkt hat sich in den letzten zwei bis drei Wochen dramatisch entwickelt, wie die Obermeister aus den unmittelbar betroffenen Innungen Bau, Obermeister Felix Dreier, für die Dachdeckerinnung Obermeister Jörg Rauscher, für die Zimmerer Obermeisterin Andra Hecker, für Metallbetriebe Rainer Wöstefeld und für die Maler Alfred Gemmeke berichteten.

Alfred Gemmeke berichtete, dass laufende Arbeiten und Projekte ins Stocken geraten. Besonders problematisch sei dies bei Baustahl, Holz und Dämmmaterialen, stellten die Obermeister übereinstimmend fest. Zum Teil kommt es bei den Zimmerer- und Dachdeckerbetrieben beim Material Holz zu Preissteigerungen von aktuell bis zu 400%. Aber auch im Bereich Metall gibt es derzeit z.B. keine Bleche, im Baubereich fehlt es an Kunststoffrohren und Folien, die für den Hausbau erforderlich sind. Auch die Maler erhalten derzeit keine Dämmstoffe für Wärmedämmarbeiten.

Als Ursache für die Verknappung der Materialien und die Preisentwicklung wurden zum einen die erhöhten Holzexporte nach China und in die USA sowie Lieferengpässe aufgrund des Zusammenbrechens globaler Lieferketten und einer nicht mehr ausreichenden Versorgung mit Baumaterial, das aus dem Ausland kommt, genannt. Auch haben Hersteller und verarbeitende Betriebe weniger Material – etwa Metall – produziert, weil sie in der Coronakrise mit weniger Nachfrage gerechnet haben. Einige Herstellerunternehmen sind auch noch in Kurzarbeit. Ob darüber hinaus auch noch „Trittbrettfahrer“ unter den Herstellern eine künstliche Verknappung verursachen, ist derzeit reine Spekulation.

Fakt ist, die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe sind zwar voll, aber viele Betriebe aus dem Bauhandwerk müssen zu lange auf Materiallieferungen warten. Das bedeutet auch für die Endkunden, dass es zu Verzögerungen bei den Bauvorhaben kommt. Auch die Preise für Holz, Stahl und Dämmmaterial sind massiv gestiegen und müssen zum Bedauern der Handwerksbetriebe an die Kunden weitergegeben werden.

Kreishandwerksmeister Martin Knorrenschild richtete den Blick auf die Zeit nach der Materialkrise und appellierte eindringlich, die Ausbildung nicht zu vernachlässigen, da dies die Zukunft des Handwerks sei.

MdL Matthias Goeken verwies darauf, dass die Politik diese marktwirtschaftliche Situation nur begrenzt ändern kann. Weder kann ein Exportstopp erfolgen, noch können Zölle verhängt werden.

Das Land NRW hat aber bereits reagiert und veranlasst, dass auch regionale Hersteller von Holzlieferungen des im Eigentum des Landes stehenden Waldes profitieren. Matthias Goeken betonte, dass es sein Wunsch sei, dass gerade regionale Materialhersteller und regionale Händler gezielt unterstützt werden, damit die Abhängigkeit zu Lieferketten aus dem Ausland nicht noch größer werde. Man müsse damit auch in Kauf nehmen, dass heimische Produkte auch mal ein paar Cent mehr kosten dürften.

Er appellierte an das heimische Handwerk, durch gezielten Bezug von Materialien aus der Region die bestehenden Strukturen von Unternehmen, die in der Region Baumaterial herstellen, zu erhalten, um in künftigen Krisen unabhängiger zu werden.

Als einen weiteren Lösungsansatz kann sich Matthias Goeken auch vorstellen, bei öffentlichen Ausschreibungen zukünftig stärker den regionalen Aspekt bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen. Hierzu seien aber gesetzliche Anpassungen notwendig.

Hauptgeschäftsführer Gerald Studzinsky betonte in der Diskussion, dass für langfristig geplante Projekte und bereits vergebene Aufträge die Lage für die Firmen rechtlich sehr schwierig ist, da sie die höheren Preise mit den Kunden verhandeln oder die vor der Krise vertraglich vereinbarten Preise halten müssten.

Für zukünftige Aufträge hat die Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg Formulierungshilfen für Preisbindungsfristen und Gleitpreisklauseln den Betrieben zur Verfügung gestellt, die Sie auf unserer Homepage finden.

In einzelnen Fällen könnte es trotz guter Auftragslage sogar dazu kommen, dass einzelne Handwerksbetriebe in eine Schieflage geraten, weil das Material fehlt oder für bereits erteilte Aufträge die Kalkulation nicht mehr stimmt. Dies kann unter Umständen sogar zu der grotesken Situation führen, dass Kurzarbeit beantragt werden muss, obwohl die Auftragsbücher voll sind.

Es wird seitens der Kreishandwerkerschaft davon ausgegangen, dass diese Situation sicher noch einige Monate andauern wird und dass sich die Preise für Material dann auf einem höheren Niveau dauerhaft einpendeln werden.

Klar geworden ist allen Beteiligten, dass Exportverbote, Zölle oder Handelsbeschränkungen keine Lösung sind, dazu sind die globalen Verflechtungen und Abhängigkeiten auf den internationalen Märkten einfach zu groß. Klar geworden ist auch, dass nicht die Handwerksbetriebe die Treiber dieser Entwicklung sind, sondern der internationale Markt, den die Lieferanten und Hersteller vorrangig nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen bedienen.

Es bleibt abzuwarten, wann die Nachfrageblase in den USA und in China platzt…

Handwerk und Politik vereinbarten, weiter im engen Austausch miteinander zu bleiben, um die anstehenden Probleme gemeinsam anzugehen.

Ihr Gerald Studzinsky

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