Stop and Go – Corona Lockdown ohne Strategie
Jetzt ist es also doch passiert, der „Lockdown light“, der seit Mitte November über Deutschland verhängt worden ist, reicht nicht aus, er hat nicht zu der erhofften spürbaren Veränderung geführt. Die Befürchtung, dass wir uns in einem Dauerzustand von Lockdown und Lockerung bewegen werden, hat sich leider bewahrheitet. Die zunächst aus politischen Gründen ins Auge gefassten Erleichterungen über die Feiertage mit einer – aus meiner Sicht – von Anfang an nicht nachvollziehbaren Öffnung der verhängten Kontaktobergrenzen sind in weite Ferne gerückt. Ist man auf der politischen Entscheidungsebene ernsthaft davon ausgegangen, dass das Virus ebenfalls weihnachtliche Andacht hält, Silvester in Ruhe zu Hause feiert und niemanden anstecken wird oder waren das schon die ersten Vorboten des kommenden Bundestagswahlkampfes?
Doch was nun?
Die Politik gibt keine ausreichenden Antworten auf die berechtigte Frage der Menschen, was die langfristige Strategie im Kampf gegen die Pandemie soll. Es geht von einem absoluten Lockdown in Bayern bis zu einer zurückhaltenden Fortführung eines Teil- „Lockdown light“ in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen. Alle starren wie gebannt auf die letzten Veröffentlichungen der Pharmakonzerne, die Impfstoffe zulassen und zulassen wollen. Allein das wird nicht reichen, denn bis eine ausreichende Anzahl an Menschen geimpft worden ist, wobei noch niemand weiß, ob es irgendwelche Nebenwirkungen oder Probleme mit den Impfstoffen geben wird, werden noch viele Monate vergehen. Unklare Situationen sind Gift für die Wirtschaft, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit von politischen Entscheidungen sind etwas, was die Wähler zu Recht erwarten können. Ob sich am Ende alle politischen Entscheidungen in dieser Dauerkrise als richtig oder falsch erweisen werden, wird man heute nicht mit Sicherheit beantworten können. Wichtig ist aber, dass endlich entschieden wird und dass am besten einheitlich für ganz Deutschland.
Man denke nur an den nicht endenden Brexit, der bereits, ohne dass er bisher vollzogen worden ist, zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden geführt hat. Es wird aber neben dem Brexit und den Auswirkungen auf den europäischen Binnenmarkt noch genügend andere Unsicherheiten in den nächsten Monaten geben.
Verzögert sich wegen des Widerstandes von Polen und Ungarn das 750-Milliarden-Euro-Corona-Paket der EU?
Setzt US-Präsident Joe Biden den Kurs seines Vorgängers Trump fort – netter, aber ebenso unnachgiebig in der Sache?
Werden wir nach der Bundestagswahl im kommenden Herbst für längere Zeit ohne stabile Regierungskoalition und kompetente Regierungsmannschaft dastehen?
Ein weiteres Problem für die Wirtschaft ist die anhaltende Konsumzurückhaltung der Menschen. Sollten Sommer, Sonne und Impfstoffe dafür sorgen, dass die eingefrorene Wirtschaft relativ unbeschadet wieder auftaut, könnte der Corona-Schock relativ bald in Vergessenheit geraten – und die Kauflust zurückkehren. Die Konsumnachfrage der Bürger könnte dann zum wichtigen Verstärker der wirtschaftlichen Erholung werden. Misslingt dies, finden wir uns in einem anderen Szenario, dem einer echten wirtschaftlichen Krise, wieder.
Es ist also absolut entscheidend, welche Strategie Deutschland zur Bekämpfung der Corona Pandemie in den nächsten Monaten plant, unter Berücksichtigung der genannten äußeren Faktoren. Dazu gibt es, egal aus welcher politischen Richtung, bisher keine konkrete Antwort. Nach wie vor gilt daher, dass jeder einzelne eine Eigenverantwortung hat und mit dieser leben muss. In Zeiten, in denen die Politik keine oder keine ausreichenden Antworten gibt, ist jeder verantwortlich, für sich, aber auch seine Mitmenschen. Es nützt heute nichts, den Blick nach Berlin oder Düsseldorf zu richten, in der Hoffnung, es gibt dort Antworten für das eigene Verhalten in der Pandemie. Es gilt daher umso dringlicher der bisherige Appell weiter, sich und andere zu schützen. Die notwendigen Schutzmaßnahmen müssen von jedem Einzelnen konsequent umgesetzt werden, ob zu Weihnachten, Silvester, bei der Arbeit oder in der Freizeit. Verstöße von nicht einsichtigen Bürgern sollten verfolgt und geahndet werden.
Auch wenn man auf eigene Freiheiten verzichten muss und nicht in der gewohnten Komfortzone verbleiben kann, der Schutz der Gesundheit und die Freiheit aller geht vor, dies heißt auch, hinnehmbare Einschränkungen weiter zu ertragen.
Ihr Gerald Studzinsky